Ein Schaufenster in die Geschichte

31.01.2022

Es ist nicht mehr zu übersehen, mit Brauns Quartier entsteht an historischer Stätte in unmittelbarer Zentrumsnähe ein modernes, architektonisches Kleinod. Dabei wird nicht nur planiert und neu gebaut. Wesentliche, stadtprägende Elemente wie z.B. das Kontor-Gebäude oder der alte Labortrakt der einst prosperierenden Farbenfabrik Wilhelm Brauns bleiben durch Sanierung erhalten und bilden mit den Neubauten eine organische Einheit.

Dieses Konzept bewahrt städtebauliche Authentizität und lenkt das Auge zugleich in die Geschichte. Ein besonders schärfender Fokus wurde nun mit einem großzügigen Schaukasten an der historischen Zufahrtsstraße geschaffen.

Natürlich waren dem Investor sowie den beteiligten Architektur- und Vermarktungsbüros von Beginn an klar, dass sie sich mit Brauns Quartier auf städtebaulich sensiblem, geschichtsträchtigem Grund befanden. Im Zuge der Planung und Realisierung waren Blicke in die Geschichte des vorgefundenen Gebäudeensembles der alten Farbenfabrik zwingend. Die bestimmenden Blickwinkel waren allerdings vorwiegend städtebaulicher und bautechnischer Natur.

Das änderte sich, als mit Wieland Liebusch ein Mann ins Boot stieg, der über 30 Jahre in leitenden Funktionen in der VEB FARB-Chemie Quedlinburg tätig war. Er ist einer der wenigen, der zur jüngeren Geschichte des Ortes authentische Auskunft geben kann und der zudem für einen Blick in die Anfänge der Farbenfabrik fachlich qualifiziert ist. Über eine rege, zweijährige Forschungstätigkeit arbeitete er die Geschichte der Anilinfarbenfabrik Wilhelm Brauns und deren Folgeunternehmen mit Akribie und überaus detailliert auf.

Dabei traten zahlreiche gesellschaftspolitische, soziale und wirtschaftliche Facetten zutage, die das nüchterne (städte-)bauliche Zahlenwerk der Fabrik in ein farbiges geschichtliches Licht tauchten. So konnte der Hobbyhistoriker nicht nur zahlreiche Fragen des Planungsteams im Zuge der Sanierungsmaßnahmen beantworten. In Publikationen und Führungen machte er die vielfältige Geschichte der Farbenfabrik der gesamten Quedlinburger Bürgerschaft zugänglich.

Da lag es nahe, auch unmittelbar vor Ort, in Brauns Quartier für dessen Neuquedlinburger Bewohner, die historischen Bezüge des Standortes zu würdigen.

So kam man rasch überein, eine alte Fensternische an der Zufahrtsstraße in den Dienst aktueller Geschichte zu stellen und in eine Schautafel zu verwandeln. Bereits in den 1960er Jahren wurde diese Fensternische für Ankündigungen, Bekanntmachungen und Mitteilungen der Werkleitung an die Belegschaft und später auch für Produktvorstellungen genutzt.

Bei der Umsetzung waren ausschließlich einheimische Partner beteiligt. Während die inhaltlichen Aspekte von Herrn Liebusch bearbeitet wurden, kümmerte sich die Halberstädter Kreativagentur IdeenGut um eine zweckmäßige Gestaltung. Die betraf nicht nur eine geeignete Präsentation der geschichtlichen Inhalte, sondern auch das Design des kompletten Schaukastens einschließlich eines geeigneten Lichtkonzeptes.

Als Ergebnis liegt nun ein dreiteiliges Objekt vor. Der großzügige Mittelteil (ca. 2 x 1.3 Meter) ist der Geschichte der Anilinfarbenfabrik Wilhelm Brauns von Ihren Anfängen bis in die Gegenwart gewidmet. Über die gleichzeitige Nutzung von Schautafel-Boden und abdeckender Glasplatte ergibt sich eine plastische Darstellung mit vielfältigen Bezügen. Die beiden seitlichen Tafelbereiche sind aktuellen, wechselnden Inhalten vorbehalten.

Für die Gesamtherstellung sorgte die Möbeltischlerei UNIKAT aus Halberstadt und die Umsetzung des Lichtdesigns lag in den Händen von CAD.S - Raum.Licht.Systeme aus Aschersleben.

Wer also heute Brauns Quartier betritt, kann dies auch im Bewusstsein einer 150-jährigen, stolzen Firmen- und Stadtgeschichte tun.

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